Der Sachverhalt
Während einer Polizeikontrolle fiel dem Polizeibeamten auf, dass auf dem Smartphone des Betroffenen eine sog. Blitz-App aktiv aufgerufen gewesen war. Das Amtsgericht Güstrow verurteilte den Betroffenen wegen "fahrlässigen Betreibens eines technischen Geräts, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen", zu einer Geldbuße von 75 EUR.
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt. Er beanstandet mit der Sachrüge den auf § 23 Abs. 1b StVO gestützten Schuldspruch mit der Begründung, bei dem Smartphone handele es sich entgegen der vom Amtsgericht in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Celle (Beschluss vom 03.11.2015 – 2 Ss (OWi) 3313/15) um kein technisches Gerät, welches dazu "bestimmt" sei, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen.
Darunter fielen nur solche Geräte, die herstellerseitig speziell zur "Abwehr oder zum Schutz vor Radarkontrollen" entwickelt worden seien, nämlich "Radarwarn- oder Laserstörgeräte". Das treffe auf Mobiltelefone mit darauf installierter "Blitzer-App" gerade nicht zu. Wolle der Gesetzgeber auch die Benutzung von Mobiltelefonen mit entsprechenden Programmen verbieten, müsse er dies ausdrücklich (ergänzend) regeln.
Die Entscheidung
Die Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Nach § 23 Abs. 1b Satz 1 StVO darf, wer ein Kraftfahrzeug führt, kein technisches Gerät betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören.
Lediglich beispielhaft ("insbesondere") benennt Satz 2 der Norm Geräte zur "Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radar- oder Laserstörgeräte)". Bei dem vom Betroffenen während der Fahrt eingeschalteten, in einer Halterung an der Windschutzscheibe befestigten und mit der aufgerufenen "Blitzer-App" betriebenen Mobiltelefon handelt es sich um ein Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1b Satz 1 StVO.
Das Bestimmtheitsgebot
Der Wortlaut von § 23 Abs. 1b Satz 1 StVO lässt es offen, ob ein technisches Gerät nur dann dafür "bestimmt" ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören, wenn dies bereits von seiner Konstruktion her so vorgegeben ist. Die grammatikalische Auslegung der Vorschrift ermöglicht ohne Weiteres auch die weitergehende Interpretation, dass der Anwendungszweck eines technischen Geräts, das zur Bewältigung verschiedener Aufgaben geeignet ist, durch den Anwender mit dessen konkretem Einsatz im Einzelfall genau dafür "bestimmt" wird (so auch Kattau a.a.O. S. 237).
Bei multifunktionalen Geräten, die in erster Linie anderen Zwecken als der Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen dienen, wird deren "Bestimmung" für den letztgenannten Zweck dadurch herbeigeführt, dass sie entweder durch nachträgliche Eingriffe in deren Konstruktion (Ein- oder Umbau von Hardwarekomponenten) oder durch Aufspielen und Aufrufen einer zusätzlichen Software in die Lage versetzt werden, (auch) Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen und/oder zu stören.
Neue Gebrauchsmöglichkeiten durch Aufspielen zusätzlicher Software
Das kann, muss aber nicht notwendig durch den Gerätehersteller erfolgen. Die Attraktivität "anwendungsoffener" Geräte, zu denen auch Smartphones gehören, besteht gerade darin, dass in ihnen herstellerseitig nur typische Grund- und Hauptfunktionen implementiert sind, es im Übrigen aber dem Anwender überlassen bleibt, ob und welche weiteren, sich möglicherweise erst infolge technischer Innovationen neu ergebenden Gebrauchsmöglichkeiten er sich durch Aufspielen und Einsatz zusätzlicher Software selbst erschließt. Damit gibt er dem Gerät jeweils einen über dessen werksseitige Ausstattung hinausgehenden zusätzlichen Verwendungszweck, womit er es, wenn dieser darin liegt, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen, zugleich (auch) dafür im Sinne von § 23 Abs. 1b Satz 1 StVO "bestimmt". Darauf, dass in dem Begriff des "Bestimmens" stets auch eine subjektive Komponente liegt, hat schon das OLG Celle in seinen o.g. Beschluss mit weiteren Bespielen aus anderen (Straf-) Vorschriften zutreffend hingewiesen (a.a.O. Rdz. 23 in juris).
Dass auch der Verordnungsgeber genau diese technische Entwicklung vorhergesehen und bei seiner Entscheidung zur Einführung der Verbotsvorschrift des § 23 Abs. 1b StVO berücksichtigt hat, folgt daraus, dass es in der amtlichen Begründung u.a. heißt (VBl. 202, 140, 142):
Nicht nur einzelne technische Geräte wie die derzeit am meisten verbreiteten Radarwarngeräte und Laserstörgeräte werden von dem Verbot erfasst, sondern auch andere technische Lösungen, die einen vergleichbaren Effekt erreichen. Das gilt insbesondere für die Verknüpfung der Warnung vor stationären Überwachungsanlagen mit modernen Zielführungssystemen; die entsprechenden Geräte geben die Warnung ebenfalls automatisiert und ortsbezogen ab.
Gericht:
Oberlandesgericht Rostock, Beschluss vom 22.02.2017 – 21 Ss OWi 38/17 (Z)
OLG RostockQuelle: Rechtsindex – Recht & Urteile